Stoppt den Flächenfraß im Rheinischen Revier - Microsoft muss umplanen!

Der Brainergy Park in Jülich ist ein Beispiel für ein Gewerbegebiet auf der "grünen Wiese". [Foto: Dirk Jansen] Der Brainergy Park in Jülich ist ein Beispiel für ein Gewerbegebiet auf der "grünen Wiese". [Foto: Dirk Jansen]

Der vorgezogene Braunkohleausstieg im Rheinischen Revier markiert einen grundlegenden und tiefgreifenden Umbruch weg von der fossilen Vergangenheit und hin zu einer klimaneutralen und ressourcenschonenden Wirtschaft. Jetzt bietet sich die Chance, eine Region zu gestalten, in der die Synthese von Ökonomie, Sozialem und Ökologie konsequent entwickelt und in allen Handlungsfeldern umgesetzt wird. Um Entwicklungsbrüche zu vermeiden, gute Arbeitsplätze zu garantieren, die Region fit für den Klimawandel zu machen und die Lebensqualität zu sichern, müssen jedoch viele Prozesse optimiert und Fehlentwicklungen vermieden werden. 

UN-Nachhaltigkeitsziele als Richtschnur

Alle Maßnahmendes Strukturwandels müssen deshalb im Einklang mit den international vereinbarten Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals) und deren Umsetzungsstrategien stehen. Mit der im Jahr 2015 verabschiedeten Agenda 2030 hat sich die Weltgemeinschaft unter dem Dach der Vereinten Nationen zu 17 globalen Zielen für eine bessere Zukunft verpflichtet. Leitbild der Agenda 2030 ist es, weltweit ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen und gleichzeitig die natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft zu bewahren.

Auch die Akteure im Rheinischen Revier haben sich zu den UN-Nachhaltigkeitszielen bekannt. In der Braunkohlen-Leitentscheidung von 2023 wird der Anspruch formuliert, neue Räume für nachhaltige Entwicklungen zu schaffen. Eine flächensparende Siedlungsentwicklung, attraktive Wirtschaftsflächen, ein Ökosystemverbund sowie eine zukunftsfähige, nachhaltige sowie klimaresiliente Landwirtschaft sollen dafür einen Beitrag leisten. Auch der Reviervertrag 2.0 zwischen der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen sowie dem Aufsichtsrat und der Gesellschafterversammlung der Zukunftsagentur Rheinisches Revier bekräftigt die Bedeutung von Arbeitsplätzen, Wertschöpfung und Raumqualität im Verbund mit ökologischer Nachhaltigkeit und Klimaschutz als Rahmenbedingungen bei allen Maßnahmen der Strukturstärkung.

Traurige Realität

Doch die Realität sind anders aus. Auf kommunaler und regionaler Ebene werden neue Gewerbegebiete geplant, als gäbe es kein Morgen. 4.000 Hektar Fläche sollen dafür "verbraucht" werden. Anstatt eine bedarfsgerechte Planung vorzulegen und vorzugsweise vorbelastete oder durch den Kohleausstieg freiwerdende Flächen zu nutzen, soll großflächig der bestehende Freiraum zu Gewerbegebieten umgewandelt werden. Das geht zu Lasten der Bodenfunktionen und der Biodiversität. Wie so die Anpassung an den Klimawandel gelingen soll, bleibt fraglich.

Aktuelle Beispiele für diese verfehlte Flächenpolitik sind die Planungen für das 240 Hektar große Industriegebiet Future Site InWest  in Geilenkirchen und die Ansiedlung von Microsoft in Bedburg/Bergheim.

Der BUND tritt ein für die sozial-ökologische Transformation des Rheinischen Reviers. Dabei müssen aber die Grenzen des Wachstums beachtet, unsere natürlichen Ressourcen und das Klima geschützt sowie die Biodiversität optimiert werden. Daran müssen sich alle Industrie- und Gewerbeplanungen im Rheinischen Revier messen lassen.

Der BUND hat deshalb auf der Kampagnen-Plattform WeAct eine Petition gestartet. Machen Sie mit!

Microsoft-Petition

In Bedburg will Microsoft auf 20 Hektar Fläche ein Rechenzentrum bauen. In Bedburg will Microsoft auf 20 Hektar Fläche ein Rechenzentrum bauen.

An: Agnes Heftberger, Vorsitzende der Geschäftsführung Microsoft Deutschland

Stoppt den Flächenfraß im Rheinischen Revier – Microsoft muss umplanen!

Im Rheinischen Revier sind als Beitrag zum Strukturwandel nach der Braunkohle neue Gewerbegebiete auf 4.000 Hektar Fläche geplant, wovon ein erheblicher Teil auf der "grünen Wiese" liegen soll. Ein Teil dieser Planungen umfasst auch den Bau von Microsoft-Großrechenzentren, sogenannten Hyperscalern. Dies führt zu zusätzlicher Flächenversiegelung und schadet unserer Umwelt. NRWs Freiraum ist in Gefahr, obwohl es bessere Alternativen gibt.

Nicht mehr benötigte Kraftwerksareale, die vorbelasteten Tagebauflächen und andere Industriebrachen eignen sich viel besser als Standorte für Industrieansiedlungen. Tiere und Pflanzen, Wasser, der Boden und Agrarflächen könnten so geschützt werden. Der technische Fortschritt und der Strukturwandel würden so weiter vorangetrieben, ohne die Klimawandelanpassung zu gefährden.

Um den knappen Freiraum zu erhalten und die negativen Umweltauswirkungen zu minimieren, fordern wir, den Bau der Rechenzentren auf bereits versiegelte oder industriell genutzte Flächen zu verlegen.

Warum ist das wichtig?

Zwar ist die Ansiedlung zukunftsträchtiger Unternehmen wie Microsoft grundsätzlich positiv, aber der Bau von Rechenzentren auf der “grünen Wiese” bedeutet die unwiderrufliche Zerstörung von Böden, die für die Landwirtschaft unerlässlich sind. Diese Flächen sind nicht nur für die regionale Nahrungsmittelproduktion wichtig, sondern können auch zur Erhaltung der Biodiversität beitragen. Unversiegelte Böden sind unersetzliche Wasserspeicher zur Vorbeugung von Hochwasser und wichtige Grundlage für den Ökosystemverbund.

Die Pläne stehen im Widerspruch zu den Bemühungen um eine nachhaltige Zukunft, für die angeblich auch Microsoft einsteht. Es ist fraglich, ob die energieintensiven Rechenzentren aus 100 Prozent erneuerbaren Energien versorgt werden können. Außerdem fehlt für die Abwärmenutzung noch ein überzeugendes Konzept. Darüber hinaus ist schon jetzt der Grundwasserspiegel im Rheinischen Revier auf Jahrhunderte abgesenkt. Wo das Wasser für die Kühlung der Hyperscaler herkommen soll, ist unklar.

Der BUND in Nordrhein-Westfalen hat die Pläne bereits kritisiert und darauf hingewiesen, dass die Versiegelung wertvollen Freiraums heute nicht mehr zeitgemäß ist. Unternehmen wie Microsoft, die sich zu umfassenden Umweltzielen bekennen, sollten hier eine Vorbildfunktion übernehmen und nachhaltige Alternativen wählen. Der Schutz unserer unverbauten Landschaft ist unerlässlich, um eine nachhaltige und lebenswerte Zukunft für kommende Generationen zu sichern.

Mit dem von der Klimabewegung erzwungenen vorgezogenen Ende der Braunkohlengewinnung und -verstromung bieten sich neue Chancen für das Rheinische Revier. Der Anspruch ist, den Strukturwandel als Chance zur Entwicklung einer klimaneutralen, nachhaltig wirtschaftenden und ökologisch wiederhergestellten Region zu nutzen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Überall werden neue Gewerbegebiete auf der "grünen Wiese" geplant, die weitere Umweltschäden nach sich ziehen würden. Es wird weder nachhaltig, noch ökologisch geplant. Das Unternehmen Microsoft ist dabei nur eines von vielen Beispielen. Noch besteht aber die Möglichkeit, die Unternehmen zum Umsteuern zu bewegen und ihre Projekte zukunftsfähig umzuplanen.

Deshalb fordern wir Microsoft und andere Unternehmen auf: Überdenken sie ihre Planungen! Nur wirklich klimaneutrale und nachhaltige Projekte sind ein Gewinn für die Region!

jetzt unterzeichnen!

 

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Hyperscale-Rechenzentrum - was ist das?

Drohnen-Luftaufnahme eines Microsoft-Rechenzentrums in den Niederlanden. Die riesigen Gebäude befinden sich entlang der Autobahn A7 in der Provinz Noordholland bei Wieringerwerf. [Foto: Mauvries, iStock] Drohnen-Luftaufnahme eines Microsoft-Rechenzentrums in den Niederlanden. Die riesigen Gebäude befinden sich entlang der Autobahn A7 in der Provinz Noordholland bei Wieringerwerf. [Foto: Mauvries, iStock]

Hyperscaler sind letztlich "digitale Logistikzentren", die Services für Cloud Computing und Datenmanagement für Unternehmen, die eine umfangreiche Infrastruktur für das Verarbeiten und Speichern großer Datenmengen benötigen, anbieten.

Der Hype rund um künstliche Intelligenz lässt dabei nach Angaben des Nachrichtenportals heise online den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen bei Microsoft in die Höhe schnellen. Vom Juli 2022 bis Ende Juni 2023 (Fiskaljahr 2023) hat die Firma danach Emissionen in Höhe von 15,4 Millionen metrischen Tonnen CO₂-Äquivalente verursacht. Die Entwicklung zeigt sich damit konträr zum Plan, bis 2030 klimaneutral zu werden.

Diesen Plan hat Microsoft im Jahr 2020 gefasst. Als Basislinie zieht die Firma das Geschäftsjahr 2020 heran, in dem Microsoft je nach Rechnung für 11,9 Millionen bis 12,3 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente verantwortlich war. Binnen dreier Jahre stieg der Ausstoß jetzt auf 15,4 Millionen bis 17,2 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente – ein Plus von 29 beziehungsweise 40 Prozent.

Parallel stieg der Wasserverbrauch von knapp 4,2 Millionen auf gut 7,8 Millionen Kubikmeter. Der Strombedarf, größtenteils zum Betrieb der Rechenzentren, ist innerhalb der drei Jahre förmlich explodiert – von 11.284 auf 24.008 Gigawattstunden. Der Großteil davon (98 Prozent) stammt immerhin aus zugekauftem Ökostrom. Insgesamt wird davon ausgegangen, dass die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien derzeit bis zu zwölf Prozent des weltweiten Strombedarfs ausmacht.

Microsoft will nach eigenen Angaben in den nächsten zwei Jahren deutschlandweit 3,2 Milliarden Euro in den Ausbau der Cloud- und KI-Infrastruktur investieren. Durch den Ausbau seiner Cloud-Region in Frankfurt am Main sowie den neu geplanten Infrastrukturen in Nordrhein-Westfalen (NRW) sollen sich die Kapazitäten mehr als verdoppeln.

BUND-Anforderungen: Effiziente Rechenzentren für das Klima!

Der BUND hat detaillierte Forderungen aufgestellt, wie die Rechenzentren sauberer und energieeffizienter betrieben werden können: In erster Linie müssen Rechenzentren sowohl in die kommunale Raumplanung als auch in die lokale Strom- und Wärmeversorgung einbezogen werden. Das bedeutet einerseits, dass Kommunen den destabilisierenden Einfluss von Rechenzentren auf die lokale Stromversorgung einplanen müssen, und andererseits, dass ihre Abwärme optimal genutzt werden muss.

Da Rechenzentren unterbrechungsfrei mit Strom versorgt werden müssen, verfügen viele Rechenzentren über sogenannte Notstromaggregate, die meist mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Gesetzliche Grenzwerte für die Schadstoffemissionen dieser Aggregate sind dringend erforderlich. Zudem braucht es eine Pflicht zur Nutzung und Erzeugung von erneuerbaren Energien, beispielweise durch eigene Photovoltaikanlagen und Windparks. Hierbei sollten bevorzugt die regionalen Potenziale genutzt werden; der Bau von "Strom-Autobahnen" zum Import von grünem Strom aus Nordsee-Windparks ist da keine gute Lösung. Aktuell werden energieintensive Rechenzentren durch geringe Netzentgelte bevorzugt; diese Sonderbehandlung muss dringend abgeschafft werden.

Diese Anforderungen fasst auch das Siegel „Blauer Engel für Rechenzentren“ zusammen. Allerdings sind diese Siegel in Deutschland aktuell noch freiwillig und es fehlt an Prüf- und Zertifizierungsstellen. Solange der Bedarf an Rechenleistung weiter steigt, reicht ein immer effizienterer Betrieb von Rechenzentren allein jedoch nicht aus. Denn insgesamt steigt die Nachfrage nach Strom und Ressourcen. Auch Flächen und Wasser können nur eingespart werden, wenn die Rechenleistung nicht immer weiter steigt – oder sogar sinkt. Zur Einsparung von Rechenkapazität ist insbesondere die Regulierung von Hard- und Software ein wichtiger Hebel.

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