BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Abriss Landstraße L 12 - RWE will Fakten für Tagebau Garzweiler schaffen

14. August 2023 | Braunkohle, Braunkohle - Leitentscheidung, Garzweiler, Kohle

Wichtige Verbindung zwischen den Dörfern wird gekappt.

Die Landstraße L 12 ist eine wichtige Lebensader zwischen Keyenberg und Holzweiler. [Foto: Dirk Jansen] Die Landstraße L 12 ist eine wichtige Lebensader zwischen Keyenberg und Holzweiler. [Foto: Dirk Jansen]

Scheinbar unaufhaltsam fressen sich die Braunkohlenbagger im Tagebau Garzweiler weiter nach Westen. Nachdem zu Beginn des Jahres bereits das Dorf Lützerath zerstört wurde, will die RWE Power AG jetzt weitere Fakten schaffen. In Kürze muss mit der Zerstörung der Landstraße L12 gerechnet werden. Damit würden die Bewohner*innen der Dörfer im Norden der Kohlegrube (u.a. Keyenberg und Kuckum) von Holzweiler im Süden abgeschnitten. Bis die geplante Ersatzstraße fertig ist, müssten die Anwohner*innen  einen 14 km langen Umweg über Erkelenz in Kauf nehmen. Anstatt alles dafür zu tun, die Lebensverhältnisse in den geretteten Dörfern zu steigern, ginge damit ein weiteres Stück Heimat verloren.

Abriss der L12 nicht nötig

Dabei ist der Abriss der L12 weder aus energie- noch aus bergtechnischer Sicht begründbar. Nach Angaben des Bergbautreibenden liegen westlich der L12 nur noch 15 bis 20 Millionen Tonnen Kohle. Darüber hatte erstmals der WDR berichtet. Die Kohlemengen würden allenfalls dann benötigt, wenn der Tagebau entgegen der von Schwarz-Grün formulierten Absicht bis zum Jahr 2033 weiterbetrieben würde. Maßgebliche Energieszenarien setzen den Kohlebedarf aber deutlich niedriger an als RWE und die Landesregierung. Hinzu kommt, dass der Kohlekonzern bis heute keine Kohle im Bereich des bereits 2018 weitgehend zerstörten Dorfes Immerath gefördert hat. Dort lagern etwa 50 Millionen Tonnen Braunkohle. Allerdings sind die Lagerstättenverhältnisse dort ein wenig komplizierter als unter Lützerath, weshalb die Förderung dort nicht ganz so viel Profit bringt. RWE will diesen Bereich daher als Reserve vorhalten.

Wie auch immer: Auch angesichts der im Kohleausstiegsgesetz verankerten Revisionszeitpunkte im Hinblick auf die Abschaltung von Kohlekraftwerken besteht überhaupt keine Notwendigkeit, bereits jetzt Fakten zu schaffen. Eine energiepolitische Notwendigkeit dafür existiert nicht.

Alternatives Massenszenario

Somit bleibt aus RWE Power-Sicht nur noch das Argument der vermeintlich notwendigen Massengewinnung zur Verfüllung und Restlochgestaltung des Tagebaus. Nach Angaben des Kohlekonzerns sind innerhalb des geplanten Abbaufeldes Garzweiler etwa 690 Millionen Kubikmeter Abraum gewinnbar - darunter etwa 140 Mio. unter und westlich der L 12. Diese Materialmengen müssen laut RWE vollständig gefördert werden, um den Rekultivierungsverpflichtungen nachzukommen, u.a. zur vollständigen Verfüllung des östlichen Garzweiler-Restlochs, wofür allein schon 390 Mio. m3 benötigt würden.

Allerdings fehlt bis heute eine von unabhängiger Seite erstellte Massenbilanzierung des Gesamtsystems der Tagebaue Garzweiler und Hambach. Und: Die Verfüllung des östlichen Garzweiler-Restlochs ist nicht alternativlos. 2022 hatte bereits das ahu-Gutachterbüro im Auftrag des Landeswirtschaftsministeriums angeregt, auf die vollständige Verfüllung zu verzichten und dadurch 200 Mio. m3 Material einzusparen und 100 Hektar Agrarland zu erhalten.

Durch dieses so genannte "Arche-Konzept"  könnte dort ein ökologisches Vorzeigeprojekt als Teil des Biotopverbundes geschaffen werden. Auch materialsparende Teillösungen sind denkbar. Verwunderlich bleibt, warum eine solche Umplanung nicht ernsthaft in Betracht gezogen wird. Klar, die Landwirtschaft würde unterm Strich (rekultivierte) Flächen verlieren. Auch wäre eine spätere Überplanung mit Gewerbegebieten kaum möglich. Dabei bliebe aber im Westen hochqualitatives Agrarland erhalten und der Weg würde frei für innonative Lösungen von denen Landwirte genauso profitieren wie die Natur. Das Festhalten an einer Uralt-Entscheidung aus dem längst überholten Braunkohlenplan Garzweiler aus dem Jahr 1995 rechtfertigt aber keineswegs eine Verweigerung der Debatte um zukunftsfähige Lösungen.

Auch im Hinblick auf die anstehende Leitentscheidung wäre die Landesregierung gut beraten, das Thema L 12 einer ergebnisoffenen Prüfung zu unterziehen. Eine Zerstörung dieser wichtigen Lebensader für die Dörfer zum jetzigen Zeitpunkt  ist sachlich nicht geboten und politisch unklug. Denn der Widerstand gegen diese sinnfreie Maßnahme ist vorprogrammiert.

 

 

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