BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Garzweiler: Vom Restloch zum Restsee

23. April 2024 | Braunkohle, Braunkohle - Leitentscheidung, Garzweiler, Wasser

Bis zum 6. Mai: Online-Befragung zur Restseegestaltung

Restsee Garzweiler: So könnte eine umweltverträgliche Planung aussehen. Restsee Garzweiler: So könnte eine umweltverträgliche Planung aussehen.

Nach Beendigung des aktiven Tagebaus Garzweiler wird in der Region - wenn die Befüllung mit Rheinwasser klappt - irgendwann einer der größten Seen Deutschlands entstehen. Der Garzweiler Restsee soll eine Größe von 2.260 ha und ein Volumen von rd. 1,5 Milliarden Kubikmetern haben - mehr als die Hälfte des Starnberger Sees. Die Befüllung soll 2036 starten und - so die optimistische Hoffnung der Landesregierung - nach 40 Jahren beendet sein.

Jetzt läuft dazu durch den Zweckverband LANDFOLGE Garzweiler die Planung für die Nutzung des Sees. Dabei geht es besonders um die möglichen Nutzungen des Sees selbst, des unmittelbaren Umfelds und um die Gestaltung der Uferbereiche.  Ab dem 15. April läuft bis zum 6. Mai 2024 unter www.jetzt-mitmachen.de/see-tagebau-garzweiler eine offen zugängliche Online-Befragung. Die Teilnahme an der Befragung dauert rund 15 Minuten und ist ohne Registrierung anonym möglich.

Wie die Beschreibung der Umfrage bereits deutlich macht, geht es dem Zweckverband insbesondere um bauliche Maßnahmen. Die Fragestellungen sind prägnant auf Tourismus, Wirtschaft und Bebauung ausgerichtet. Insofern drohen schon jetzt falsche Weichenstellungen.

Es drohen falsche Weichenstellungen

Aus BUND-Sicht muss aber vor allem darum gehen, verstärkt auch ökologische Aspekte einfließen zu lassen. Die Region hat lange genug unter den massiven ökologischen Schäden durch die Tagebaue gelitten. Jetzt muss es darum gehen, eine ökologische Revitalisierung der Region zu ermöglichen. Dies auch, um einen Beitrag zur Klimaanpassung zu leisten.

Rekultivierung und Restsee sind formal der gesetzlich vorgeschriebene ökologische Ausgleich für den bergbaubedingten Eingriff in Natur und Landschaft. Daran muss sich also die Gestaltung der Uferzonen und der Restseeböschung orientieren. Bei den bisherigen Planungen fehlt es aber leider an dem grundlegenden landschaftökologischen Verständnis, wonach der Eingriff zu kompensieren ist. Eine vor allem nutzungsorientierte Restseeplanung wird aber keinen ausreichenden Beitrag leisten können, dem Schwund an Biodiversität in der Region eine überzeugende Planung entgegenzusetzen.

30 Prozent für den Biotopverbund

Für das Rheinische Revier haben BUND, LNU und NABU ein Grundlagenkonzept für den Biotopverbund erarbeitet und  in die Diskussion zur Entwicklung einer nachhaltigen Landschaft eingebracht. Daran müssen sich auch die Restseeplanungen orientieren: 

  • Natur braucht eigenen Entwicklungsraum. Wir fordern 30 Prozent der Gesamtfläche für den Biotopverbund. Es müssen auch ausreichend Vorrangzonen für die Natur eingeplant werden.
  • Die Restseeböschungen sind „Natur auf Zeit“ und können zur regenerativen Energieerzeugung und für ökologische Landschaftsentwicklungen genutzt werden. Die sukzessive Entwicklung der Flächen wird bevorzugt; eine angepasste extensive Pflege kann attraktive Landschaftsräume schaffen.
  • Die landwirtschaftliche Rekultivierung zwischen See und Autobahn im Osten ist ein eigenständiger Lebensraum für die gefährdeten Wiesenbrüter, insbesondere der Grauammer mit ihrem bestehenden Vorkommen auf der Autobahninsel. Extensive oder Bioland-Wirtschaft kann hier den Schwerpunkt bilden. Der Raum soll unzerschnitten von Verkehrsbändern erhalten bleiben.
  • Das östliche Seeufer ist wegen fehlender Siedlungen der ökologischen Landschaftsentwicklung zuzuordnen. Wirtschaftswege und Radwege haben Abstand zum Ufer einzuhalten, um einen beruhigten Raum für die Fauna zu bilden. Flachwasseruferbereiche sollen breite Schilfgürtel zur Stabilisierung der Gewässerökologie schaffen.
  • Neue Wohnbebauung soll in den geretteten Dörfern entstehen. Eine Siedlungsentwicklung für Privilegierte am Seeufer lehnen wir ab.
  • Für neue Arbeitsplätze gibt es in bestehenden Gewerbe- und Industriegebieten bzw. auf umgenutzten Altstandorten - z.B. von Kraftwerken - genug Fläche.
  • De Restsee soll vor allem der ruhigen Naherholung für die örtliche Bevölkerung dienen; einen Halligalli-Tourismus und Riesenparkplätze lehnen wir ab.
  • Die verkehrliche Anbindung ist weitgehend ungeklärt; hier bedarf es überzeugender Lösungen unter Vorrang des Umweltverbundes.
  • Regenerative Energieerzeugung muss die Braunkohle ablösen: Die Seeböschungen sind, bevor sie überflutet werden, über Jahrzehnte für Fotovoltaik geeignet, die Ausweisung weiterer Windparks muss aber das regional bedeutsame Vorkommen der Grauammer berücksichtigen und diese Flächen erhalten. Die Machbarkeit, die Einleitung von Rheinwasser zur Energieerzeugung durch Wasserkraft zu nutzen, muss geprüft werden.

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